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Oliver Wyman Studie: Unterschätzte Profitmaschine

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Die installierte Windkraftkapazität wird sich in den nächsten Jahren weltweit vervierfachen, das Servicegeschäft wird doppelt so schnell wachen. Hersteller brauchen zielgerichtete Servicestrategien, um im verschärften Wettbewerb zu bestehen.

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Windenergie ist und bleibt weltweit wesentlicher Treiber der erneuerbaren Energien. Trotz eines schwachen Starts in das Jahr 2010 ist der mittelfristige Wachstumstrend intakt. Dennoch erleben die Hersteller von Windkraftanlagen einen rasanten Reifeprozess ihrer Branche. Sie müssen künftig einen Kampf an allen Fronten führen. Die strategischen Herausforderungen sind enorm. Globales Wachstum im Neugeschäft allein wird sie auf Dauer nicht auf Erfolgskurs halten, denn starker Wettbewerb erhöht den Druck auf die Preise – und damit auf die Rendite. Die Bedeutung des Servicegeschäfts nimmt massiv zu. Darauf aber ist das Gros der Hersteller noch nicht ausreichend vorbereitet. Wollen sie von den lukrativen Dienstleistungen rund um Betrieb und Instandhaltung ihrer Windkraftanlagen nachhaltig profitieren, müssen sie klare Servicestrategien mit entsprechenden Geschäftsmodellen entwickeln. Dies sind Ergebnisse der Oliver Wyman-Studie „Windenergie 2020: Boom- Markt Service“.

Windkraftanlagen werden auch in den kommenden Jahren weltweit ein rasantes Wachstum verzeichnen. Trotz der langfristig hohen Bedeutung des Offshore-Segments wird in den nächsten zehn Jahren noch über 90 Prozent der neu installierten Leistung an Land entstehen. So wird sich allein die onshore installierte Windkraftkapazität mit jährlichen Steigerungsraten von fast 16 Prozent bis 2020 vervierfachen – von heute rund 192 Gigawatt auf dann rund 825 Gigawatt. Wachstumstreiber mit einem Zuwachs von gut 18 Prozent pro Jahr ist vor allem der asiatische Raum, der bereits in drei Jahren der weltweit größte Markt für Onshore-Windenergie sein wird. Im Jahr 2020, so die Prognosen, wird er mit 290 Gigawatt installierter Kapazität deutlich vor den USA mit 211 Gigawatt und Europa mit 207 Gigawatt liegen.

In Deutschland haben im vergangenen Jahr mehr als 21.300 Windkraftanlagen rund 38 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Damit lassen sich rein rechnerisch über zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgen und gleichzeitig 30 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß vermeiden. Zugleich nahm Windkraft 2009 mit einem Anteil von 6,6 Prozent am 2 Stromverbrauch unter den erneuerbaren Energien mit Abstand den Spitzenplatz ein. Wasserkraft kam auf 3,3 Prozent, Biomasse auf 3,2 Prozent und Photovoltaik auf 1,1 Prozent.

Reifeprozess im Zeitraffer

In diesem Jahr aber hat die erfolgsverwöhnte Branche mit den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen. Die weltweite Nachfrage ist zurückgegangen. Da dennoch Produktionskapazitäten erweitert wurden, sind Überkapazitäten von 20 bis 25 Prozent entstanden. Die Intensität des Wettbewerbs ist drastisch gestiegen und drückt die Preise im Neugeschäft mit negativen Folgen für die Rendite. Für kleine Hersteller, die nur über eine relativ geringe installierte Basis verfügen, wird es immer schwerer, Kunden und Projektfinanzierer für ihre Anlagen zu gewinnen. Entsprechend wird es unter den Herstellern von Windkraftanlagen zur Konsolidierung kommen.

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Der Wind-Index von Oliver Wyman spiegelt die Situation der Branche wider. Seit Beginn dieses Jahres haben sich die europäischen Windaktien deutlich schlechter entwickelt als die 50 führenden Aktien des europäischen Bluechip-Index EURO STOXX 50. „Die Windkraftbranche ist spätzyklisch und kämpft nicht nur mit konjunkturellen Problemen, sondern befindet sich mitten in einem strukturellen Reifeprozess“, erklärt Wolfgang Krenz, Partner bei Oliver Wyman. „Und der vollzieht sich im Zeitraffer.“ Während andere Maschinenbaubranchen Jahrzehnte hatten, um sich zu strukturieren und entwickeln, spielt sich dies in der vergleichweise noch jungen Windkraftindustrie innerhalb weniger Jahre ab. „Die Hersteller müssen nun schnell ihre Hausaufgaben machen“, fügt Krenz hinzu, „denn der mittelfristige Wachstumstrend ist intakt, besonders in Europa.“

Die strategischen Herausforderungen der europäischen Hersteller sind vielfältig. Zum einen müssen sie das Neugeschäft weiter ausbauen und ihre Geschäftsprozesse professionalisieren. Notwendig dafür sind anhaltende Internationalisierung, Performancesteigerung des Vertriebs und insbesondere Senkung der Fertigungskosten. Dies setzt eine Verbesserung der Produktstruktur, die Optimierung der Lieferkette und Automatisierung der Produktion voraus. Zum anderen müssen sie ihre Geschäftsmodelle überdenken. Die hohe Wertschöpfungstiefe einiger europäischer Hersteller ist ebenso zu überdenken wie der hohe Wertschöpfungsanteil in Europa. Immer härter werden auch die Time-to-Market-Anforderungen für Neuprodukte. Windkraftanlagenbauer sollten strategische Investments in Windparks oder entsprechende Partnerschaften erwägen. Damit verkürzen sie die Zeit bis zur breiten Vermarktung neuer Anlagen und beschleunigen den Return on Investment.

Servicebedarf wächst rasant

Zur größten Herausforderung der Hersteller zählt jedoch das Servicegeschäft. Die aktuelle Oliver Wyman-Studie zeigt, dass parallel zur steigenden Zahl installierter Onshore- Windkraftanlagen der Bedarf an Serviceleistungen wie Inspektionen, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Ersatzteilen überproportional zunimmt. So wird sich der Weltmarkt für Betriebs- und Instandhaltungsservices in den nächsten zehn Jahren auf 27 Milliarden Euro mehr als verfünffachen. Damit wächst das Servicegeschäft fast doppelt so schnell wie das ebenfalls wachstumsstarke Geschäft mit neuen Anlagen. In Europa wird sich das Servicevolumen von heute unter drei Milliarden Euro auf rund acht Milliarden Euro im Jahr 2020 fast verdreifachen und damit rund 40 Prozent des Gesamtgeschäfts ausmachen.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Windenergiebranche weltweit einen Gewinn von rund 2,5 Milliarden Euro. Über 80 Prozent der Profite stammen aus dem Neugeschäft, in dem EBITMargen von durchschnittlich sieben Prozent erwirtschaftet werden. Doch in Zukunft werden die Karten neu gemischt. Ursächlich dafür sind das rasante Wachstum der installierten 3 Windanlagenbasis und die Alterung der Anlagen, einhergehend mit der Professionalisierung des Servicegeschäfts. Die Oliver Wyman-Studie ergibt, dass bis 2020 rund 75 Prozent der Profite in Europa aus dem Servicegeschäft kommen werden. Gleichzeitig werden die EBITMargen mit 15 bis 20 Prozent deutlich besser sein als im Neuinstallationsgeschäft, das langfristig stärker unter Druck gerät. „Gewinne werden neu verteilt“, sagt Henning Thormählen, Associate Partner und After-Sales-Experte bei Oliver Wyman. „Der Service wird zur Profitmaschine der Windindustrie. Auf dieses Szenario aber ist das Gros der Hersteller noch nicht ausreichend vorbereitet.“

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Gezielte Strategien entwickeln

Noch fehlen oft Strategien, die konsequent auf das hochprofitable Servicegeschäft der Zukunft ausgerichtet sind – oder es hapert an der Umsetzung. Ein Grund ist, dass die Hersteller im Servicemarkt bislang nahezu konkurrenzlos waren. „Die Branche ist jung und die Anlagen der ersten Generationen hatten zum Teil noch ‚Kinderkrankheiten’. Schon deshalb wollten Kunden die Hersteller nicht aus ihrer Pflicht entlassen“, so Thormählen. „Das wandelt sich jetzt deutlich. Die Produkte sind verlässlicher geworden, zugleich laufen Garantien und erste Serviceverträge aus – ein günstiger Zeitpunkt für Neueinsteiger. Die Dominanz der Hersteller im Servicemarkt wird abnehmen. Die Neueinsteiger formieren sich angesichts der hervorragenden Gewinnperspektiven.“ 

So stehen neben Komponentenherstellern vor allem unabhängige Drittanbieter von Dienstleistungen für Windkraftanlagen bereits in den Startlöchern, um den Anlagenproduzenten das Servicegeschäft streitig zu machen. Auch bauen große Betreiber eigene Betriebs- und Instandhaltungsabteilungen auf.

Die Hersteller geraten damit erheblich unter Zugzwang. Sie müssen dedizierte Geschäftsmodelle entwickeln, mit denen sie die Profitpotenziale des Servicegeschäfts sichern können. Dazu gilt es unter anderem, eine internationale Serviceorganisation mit standardisierten Prozessen und Systemen aufzubauen, da das Windgeschäft immer globaler wird. Auch sind differenzierte Serviceprodukte für die zum Teil sehr unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Kundengruppen zu definieren. Neben dem reinen Erhalt der Leistungsfähigkeit der Anlagen müssen diese Serviceprodukte zunehmend auch einen Beitrag zur Produktivitätssteigerung der Anlagen in der Betriebsphase leisten. Gleichzeitig muss mehr Kompetenz für Kalkulation und Risikomanagement in Bezug auf Serviceverträge geschaffen werden. In der Vergangenheit haben Kunden für ihre Serviceverträge immer wieder zu viel gezahlt. Doch auch die Hersteller mussten wegen versteckter Risiken in den bestehenden Verträgen Lehrgeld zahlen.

Eine der schwierigsten Aufgaben dürfte indes die Rekrutierung sowie die Aus- und Weiterbildung des notwendigen Servicepersonals sein. Schon heute besteht ein Mangel an qualifizierten Fachkräften, denn die für die Instandhaltung der Windkraftanlagen erforderlichen Spezialisten, etwa Mechatroniker, sind auch in anderen Maschinenbaubranchen begehrt. „Um künftig außerplanmäßige Stillstände bei den Windkraftanlagen zu vermeiden, muss die Industrie eine systematische und nachhaltige Personalentwicklung betreiben“, betont Krenz. „Jetzt ist es in jeder Hinsicht an der Zeit zu handeln. Denn ohne professionelle Vorbereitung wird aus dem Service-Boom schnell eine No-Profit-Zone.”

Fünf Thesen zum Markt für Windenergie

  1. Die weltweit installierten Kapazitäten für Windkraft sind 20-mal höher als die für Solar. Entsprechend wichtig ist Windenergie für das Erreichen der energiepolitischen Ziele.
  2. Der aktuelle Offshore-Hype entzieht dem Onshore-Geschäft die Aufmerksamkeit, obwohl dieses in den nächsten zehn Jahren wesentlich größer ist, die Produkte ausgereifter und die Anlagen deutlich wirtschaftlicher sind.
  3. Die bevorstehende Konsolidierung der Windkraftbranche wird verstärkte M&A-Aktivitäten unter den Herstellern auslösen. Kleinere Player verschwinden vom Markt.
  4. Noch kontrollieren die Hersteller mehr als 90 Prozent des Servicemarkts. Diesen Anteil können sie im bevorstehenden Boom und dem intensiven Wettbewerb nicht verteidigen.
  5. Das Servicegeschäft wird zur Profitmaschine in der Windindustrie. Auf dieses Szenario aber ist das Gros der Hersteller oft noch nicht vorbereitet. Nur wer im Service heute die Weichen stellt, wird zu den Gewinnern zählen.
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