Wissenschaft als eigenständiges Business?
Hallo squeaker,
was haltet ihr von der Idee Wissenschaft als privatwirtschaftlich organisiertes Busines zu betreiben? Sozusagen als Highlevel-Consulting für Fragestellungen an der Grenze des Wissens.
Historisch hat es imme wieder Trends zur Professionalisierung von Berufen gegeben.
Warum sollten Wissenschaftler nicht auch anfanegn ihre Dienste "auf dem Markt" anzubieten? Grund die Universität wird zunehmend ungemütlicher, die Unsicherheit durch zunehmende Projektfinanzoierung steigt und die wissenschaftliche Freiheit ist auch nicht maher was sie mals war.
Hat jemand von Euch Interesse an so etwas auf Forscher oder Managementseite ;-)
14 Kommentare zu »Wissenschaft als eigenständiges Business?« Jetzt alle Antworten anzeigen
-
Die Realität ist bereits weiter: <br /> <br /> 1.) Es ist üblich, dass die Industrie in Grundsatzfragen explorative Projekte an Universitäten und freie Forschungseinrichtungen (MPI, etc.) vergibt. <br /> <br /> 2.) Seit längerer Zeit (insbesondere in wirtschaftswissenschaftlichen und sozialwissenschaftlich-psychologischen Fächern) gründen immer mehr Professoren - nebenbei - ihre eigenen Firmen. <br /> Dank dieser Aktivitäten leidet häufig die Ausbildung der Studenten, da so manchem Prof die eigene Firma wichtiger wird als sein grundsätzlicher Auftrag... Aber der Prof ist ja ausschließlich den Weisungen des/der Kultusminister(s)/in und seinem Gewissen (wissenschaftliche Ethik) verantwortlich. <br /> Erstere(r) wagt Einmischung nicht und letztere findet mehr Anwendung in den moralgeschwängerten Einführungskapiteln der Lehrbücher, als in der Realität.<br /> <br /> Der Vorteil der Wissenschaft liegt darin, dass sie gerade zweckfrei<>suchen< /> Ein schlichtes Beispiel für den Sinn der zunächst zweckfreien< /> <br /> Manchmal brauchen wir hundert Jahre oder mehr, bis wir den Sinn und möglichen Zweck einer Arbeit begreifen und nutzbar machen können. <br /> <br /> Schafft eine Gesellschaft Strukturen, die einzig dem kurzfristigen und persönlichen Profit den Vorzug geben, verbaut sie sich Chancen der Selbststabilisierung. <br /> <br /> Eines ist klar: Wissenschaft war nie frei! Sie ist es nicht! Sie wird es niemals sein! Die wissenschaftliche Ethik wird nur von sehr wenigen vorbildlichen Wissenschaftlern gelebt. <br /> Die Mehrheit der heutigen Wissenschaftler ist käuflich mit deutlichen Unterschieden zwischen Natur-, Geistes- und Wirtschaftswissenschaften. <br /> Apropos Ethik: Wo lernt man das? Und wenn es das als Fach gibt (z.B. Vorlesung zur Wirtschaftsethik): Wie groß ist das Interesse der Studierenden?<br /> <br /> Würde unsere Gesellschaft den steigenden Verfall wissenschaftlicher Werte zur neunen Norm machen, wäre dies ein schwerwiegender Fehler. Aber es wäre weder der Erste noch der Letzte und die Richtung in dieser Angelegenheit steht bereits unübersehbar fest...<br /> <br /> Gruß<br /> TOM :)<br />
-
..womit das wesentliche gesagt wäre.
Die Lage bei Jura-Profs ist wirklich nicht viel anders. Die Vorlesungen werden übermüdet gehalten, so daß mehr ein Lallen 'rüberkommt. Wenn man dann noch in den Medien mitbekommt, in der und der Affäre hat der und der vertretende Anwalt (zufällig der eigene Prof) das und das gesagt, dann bekommt man als Student schon einen Hals. Aber Gott sei Dank habe ich das ganze bald hinter mir. -
Die Idee hörst sich erstmal gut an, jedoch bei näherer Betrachtung kommen doch Zweifel auf. Wo bleibt die Ethik, selbst wenn man diese imo nicht gelehrt wird. Wenn ich mir anschaue das in der Gentechnik Patente von Unternehmen angemeldet werde, nur weil ein Wissenschaftler dieses Unternehmens durch Zufall auf eine Aufschlüsselung gestossen ist, soll diesem Unternehmen nun möglich sein das "Wissen" zuvermarkten? Ich denke das Wissen gehört der ganzen Menschheit und nicht einzelnen Wirtschaftszweigen, bzw. Unternehmen. Daher bin ich gegen eine privatwirtschaftlich orinetierte Forschung. Zumal die Gefahr besteht, das damit die Bildung der Studenten verschlechtert wird, einige Wissenschaftler könnte ja die finazierte Forschung wichtiger werden als das dozieren auf dem Lehrstuhl.
-
Anonym 03.09.02 12:32
@ raphael,
@ TOM,
@ dosie,
Ok ich habs ich nicht extra erwaehnt (und mit den Antworten teilweise gerechnet ;-)), aber man kann ja die VWL-Theorie mal
ernst nehmen ;-) und die Forschung, die von interessierten Individuen und der
Wirtschaft bezahlt werden würde, in die Wirtschaft verlagern, waehrend der
Staat den Teil finanziert der zwar ethisch geboten, bzw gesamtgesellschaftlich
wichtig (oder auch produktiv) ist, aber von der Wirtschaft nicht freiwillig
bezahlt wird. Wirtschaft zahlt dann wahrscheinlich mehr als momentan, und
Geisteswissenschaften koennten theoretisch (praktisch?) mehr Geld bekommen und
ihre Qualitaet steigern.
Wissenschaftler müssten jetzt auch schon käuflich sein -
Projektfinanzierung ist tatsächlich schon wichtig,
wie Tom schreibt. Aber auch die interne Politik (unabhängig vom Geldgeber) um
wissenschaftliche Positionen und Ressourcen in
wissenschaftlichen Projekten hat
freiheitsbegrenzende Wirkungen für den einzelnen. Das war auch tatsächlich
schon immer so, aber m.E. durch eine Ethik der wissenschaftlichen Freiheit
kontroliert - und die scheint jetzt verstaerkt wegzufallen.
Jedenfalls führt die momentane Situation dazu, dass Wissenschaftler ihr
Mäntelchen nach dem Wind hängen und dabei psychologisch draufzahlen, zum
Zyniker werden, bzw. ihr Gewissens abschalten. Nicht gerade Humboldt'sche Ideale.
Das heisst im Endeffekt, das momentane System ist
einerseits auf die Erforschung " des Neuen" gerichtet, aber teilweise unter
höchst konservativen Vorzeichen. Weil was als Neues bzw. relevant definiert
wird durch die wissenschaftliche Schule, der der Institutsdirektor, Prof,
Abteilungsleiter angehört bestimmt wird - und das heisst u.U. das der
Wissenschaftler an Themen arbeitet, die nicht mehr "cutting edge", oder auch
nur mainstream sind.
Uni koennte bei einer Verlagerung der Forschung wieder verstaerkt die
reflektierende, kritisierende Rolle uebernehmen, die momentan an den Rand
gedrängt zu sein scheint.
Die Wirtschaft bietet zur Zeit jedenfalls "Unzufriedenen" und Innovatoren a)
mehr Möglichkeieten überhaupt zu wechseln, oder b) sich selbstständig zu machen
und auf eigenes Risiko zu arbeiten - was ihre Dynamik erhöht.
Ich sehe im Weg in die Wirtschaft tatsächlich auch eine Chance zur Emanzipation
der Wissenschaftler von Abhängigkeitsverhältnissen und
Universitätsstrukturen.
Für mich persönlich sehe ich durchaus Chancen wissenschaftliche Projekte an der
Schnittstelle von Ökonomie, Soziologie und Management durch die Wirtschaft zu
finanzieren (liegt aber auch an dem Gebiet und den relativ geringen Kosten für
Geräte) und dabei Grundlagenforschung zum
Thema "soziale Evolution" anwendungsorientiert "mitzuerledigen".
So ein Weg setzt natürlich auch eine feste ethische Grundhaltung voraus - dabei könnte es auch im Interesse des Kunden sein, dass er eine unbestechliche Analyse bekommt. Die
Fähigkeit zu einer ethischen Haltung liegt tatsächlich eher im Wissenschaftler und
seiner Sozialisation begründet - sprich Elternhaus, Umfeld und Schule.
Weitere Meinungen? Irgendetwas übersehen?
-
Mag sein, dass das eine Chance für einzelne Wissenschaftler zur Emanzipation von Universitätsstrukturen darstellt.
Die verkrusteten Strukturen der Unis bzw. die unbefriedigende Situation von WissenschaftlerInnen an den Unis sind aber ein Problem, das grundlegend und von Seiten der Hochschulen gelöst werden sollte, nicht von/für Einzelne.
Außerdem schafft eine "Verwirtschaftlichung" von Wissenschaft einfach nur wieder neue Abhängigkeitsverhältnisse.
Und noch ein weiterer Aspekt: Bildung (und darunter fallen für mich auch Forschungsergebnisse) ist Allgemeingut - dem stünden dann diverse geistige Eigentumsrechte der privaten ForscherInnen entgegen, die diese - weil es nun mal gut Geld bringt - wohl auch vehement verfolgt werden. -
Hallo Suesse,
"Verwirtschaftlichung" - neue Abhängigkeitsverhältnisse
ja allerdings kann man sich hoffentlich eines/einige unter mehreren aussuchen
Bildung mag Allgemeingut sein sollen, aber die Realität schaut leider anders aus. Das kann man jetzt von innen heraus (Uni) oder über die Politik zu ändern versuchen ... oder man setzt das System von aussen unter Druck, und spart sich dabei die Frustration mit demselben.
Wissen ist ein "Gut" dessen Verbreitung sehr schwer zu kontrollieren ist, von daher sind die Eigentumsrechte schwierig durchzusetzen. Es soll möglicherweise ja auch im "Meinungskampf" eingesetzt werden - dann muss es auf jeden Fall veröffentlicht werden. Oder es bleibt tatsächlich unter Verschluss - das ist bei Unis auch oft genug der Fall.
Beispiel Biotechnologie, die Veröffentlichungen sind im Zweifel nicht so geschrieben, dass man die Experimente problemlos replizieren kann. Das liegt teilweise an der Komplexität der Einflüsse, scheint aber auch ein bisschen Methode zu haben.
-
Dein Beispiel Biotechnologie zeigt aber auch sehr gut, was passiert, wenn Wissen / Forschungsergebnisse in privater Hand sind: Sie werden hübsch unter Verschluß gehalten und nach Möglichkeit patentiert, um sie möglichst teuer verwerten zu können. Und allenfalls noch im Kampf gegen Konkurrenzunternehmen eingesetzt. Wie das den von dir angesprochenen "Meinungskampf" fördern soll, ist mir rätselhaft.
Die geistigen Eigentumsrechte sind so schwierig auch wieder nicht durchzusetzen - siehe Patentschutz; im Urheberrecht aber auch nicht so viel schwieriger. Das ist bereits Gang & Gebe, und insb. der Patentschutz soll nach Bestrebungen der EU ja auch noch gewaltig ausgebaut werden (z.B. Software-Patente). -
Ok hier muessen wir wohl 2 Bereiche trennen: technisch orientierte Forschung (Patente) und auf soziale Phänomene gerichtete Forschung. Letztere ist wohl der bereich für den das Thema "Meinungskampf" a la Beck in Politik und Wirtschaft relevant ist.
Was technisch orintierte Forschung angeht, sollen Patente bekanntlich dazu dienen Rechtssicherheit gegen Offenlegung des Wissens zu "tauschen", so dass andere es verwenden, bzw darauf aufbauen können. Die Alternative wäre bzw. ist tatsächlich das Produktionsgeheimnis (Bsp. Porzellan, 4711 Mixtur, u. ä.).
Urheberschutz sollte der Wissenschaftler für seine geistige Produktion in Form von Artikeln auch in Anspruch nehmen können - hat er faktisch auch - muss das Copyright dann aber bei Veröffentlichung an den Verlag abtreten -der damit oft nicht schlecht verdient. Warum soll man dieses Geld nicht auch/teilweise in die Taschen der Wissenschaftler umleiten können/dürfen? -
"Verwirtschaftlichung" -- neue Abhängigkeitsverhältnisse:
Ist das dann besser, wenn man sich aussuchen kann, von wem man abhängig ist? Mir scheint es vorzugswürdig, nicht so sehr auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Forschung Wert legen zu müssen (womit ich nicht sagen will, dass diese per se schlecht ist), aber genau das ist denke ich zu befürchten.
Spannend in diesem Zusammenhang sind auch die anstehenden Verhandlungen innerhalb der WTO um das GATS. Vielleicht kommt die "Verwirtschaftlichung" schneller, als wir denken... -
Ja ist besser, weil (psychologisches Argument:) man ist "Herr seines Schicksals"und () wenn es meherre Kunden/Abnehmer gibt, ist man von jedem weniger abhängig.
Kein Wert auf die wirtschaftliche Verwetbarkeit legen zu muessen, waere ideal, aber dem ist ja leider nicht (mehr?) so. Von daher kann ich mich dann auch selbstständig machen - wenn es sich denn lohnt. -
Hallo Suesse,
"Verwirtschaftlichung" - neue Abhängigkeitsverhältnisse
ja allerdings kann man sich hoffentlich eines/einige unter mehreren aussuchen
Bildung mag Allgemeingut sein sollen, aber die Realität schaut leider anders aus. Das kann man jetzt von innen heraus (Uni) oder über die Politik zu ändern versuchen ... oder man setzt das System von aussen unter Druck, und spart sich dabei die Frustration mit demselben.
Wissen ist ein "Gut" dessen Verbreitung sehr schwer zu kontrollieren ist, von daher sind die Eigentumsrechte schwierig durchzusetzen. Es soll möglicherweise ja auch im "Meinungskampf" eingesetzt werden - dann muss es auf jeden Fall veröffentlicht werden. Oder es bleibt tatsächlich unter Verschluss - das ist bei Unis auch oft genug der Fall.
Beispiel Biotechnologie, die Veröffentlichungen sind im Zweifel nicht so geschrieben, dass man die Experimente problemlos replizieren kann. Das liegt teilweise an der Komplexität der Einflüsse, scheint aber auch ein bisschen Methode zu haben.
14 Kommentare zu »Wissenschaft als eigenständiges Business?« Jetzt alle Antworten anzeigen
Disclaimer: Erfahrungsberichte und andere Nutzerbeiträge sind subjektive Erfahrungen einzelner Personen und spiegeln nicht die Meinung der squeaker.net-Redaktion wieder. Beitrag melden.