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Interview mit Prof. Wulf, MBA-Leiter der HHL

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11.10.2024
Köln
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squeaker.net sprach mit Prof. Torsten Wulf (HHL) über den Stellenwert des MBA-Studiums und die Top-Programme in Deutschland. 

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Welchen Stellenwert hat der Titel MBA in Deutschland?

Der Titel Master of Business Administration ist kein deutscher Titel. Er ist vergleichbar mit dem früheren Diplom-Kaufmann und heutzutage mit dem Master of Science in Management. Der MBA gewinnt aber gerade nach der Umstellung durch den Bologna-Prozess an Bedeutung. Er wird in Zukunft in etwa gleichrangig sein mit dem Master of Science in Management und gehört damit in Deutschland zu den wichtigen und anerkannten Abschlüssen im kaufmännischen Bereich. Ich würde den MBA eher mit dem Master of Science vergleichen und nicht mit einem Doktortitel. In den 90er Jahren war es üblich – gerade in den großen Beratungsgesellschaften – die Consultants nach ein bis drei Jahren einen Doktortitel oder einen MBA machen zu lassen. Das ist teilweise immer noch so, und hier nimmt die Wichtigkeit des MBAs eher ab. Im Ausland dagegen spielt der Doktortitel keine große Rolle.

Der MBA wird sich in Zukunft etablieren als kaufmännischer Master-Abschluss. Vergleicht man deutsche mit ausländischen Abschlüssen tritt hier eine Veränderung ein: Die Herkunft des Titels wird wichtiger werden. Der Name der Business School, an der man seinen MBA ablegt, wird sehr stark an Bedeutung gewinnen. Hier stehen die deutschen Hochschulen natürlich im umkämpften Wettbewerb mit ausländischen Universitäten. Wir müssen die gleiche Qualität bieten wie ausländische Business Schools und die gleichen Karrieremöglichkeiten nach dem Abschluss. Ist dies der Fall können deutsche MBA-Programme sehr gut mit ausländischen Programmen mithalten.

Was kann mir als Bewerber eine deutsche Business School anbieten im Vergleich zu traditionsreichen, ausländischen Universitäten?

In erster Linie absolviert man ein MBA-Programm, um später bessere Karrieremöglichkeiten zu haben. Es stellt sich die Frage, wo man danach arbeiten möchte. Wenn es mich beruflich in die USA zieht, und ich die Zugangsvoraussetzungen für die großen amerikanischen Hochschulen erhalte, macht es durchaus Sinn, den MBA in StanfordWharton oder Harvard abzulegen. Wenn ich mich hingegen für Europa entscheide, ist ein europäischer bzw. ein deutscher Abschluss wesentlich relevanter.

Großbritannien = London Business School, Frankreich = INSEAD, Spanien = IESE. Würden Sie dieser Zuteilung zustimmen?

Heute ist das größtenteils noch so. Als Hochschule hat man die Möglichkeit, sein Netzwerk zu internationalisieren. Dies wird auch praktiziert mit ausländischen Partnerschulen. Die Netzwerke der jeweiligen Hochschulen sind relativ national geprägt. Ein britischer MBA-Abschluss eröffnet den Zugang zur britischen Bankenindustrie, ein deutscher Abschluss zur deutschen Industrie im Allgemeinen und in Frankreich zu französischen Unternehmen. Aus unserer Sicht kann man nur in die Netzwerke hineingelangen durch die Partnerschaften der Universitäten. Wir können das Netzwerk unserer Partnerschule nutzen, die Partnerschule nutzt unser Netzwerk und so gelangen beide Universitäten an einen Wettbewerbsvorteil, den andere Business Schools nicht besitzen.

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Aus welchen Gründen entscheiden sich denn dann ausländische Studierende für ein Studium in Deutschland?

Ein MBA-Programm in Deutschland ist gleichbedeutend mit dem Zugang zum europäischen bzw. deutschen Arbeitsmarkt. Wichtig hierbei ist das Erlernen der deutschen Sprache, um später gute Jobaussichten zu haben. Darüberhinaus haben die Bewerber eine gewisse Affinität zu Deutschland. An der HHL besitzen die Nordamerikaner häufig eine solche Affinität bedingt durch ihre Herkunft bzw. ihre familiären Wurzeln. Viele absolvierten ein Praktikum in Deutschland, wir haben beispielsweise einen Chilenen, der für ein einjähriges Praktikum nach Leipzig gekommen ist und nun auch den MBA ablegen möchte.

Was würden Sie einem zukünftigen Bewerber der HHL mit auf den Weg geben?

Es wird in Zukunft immer wichtiger werden, woher der MBA-Abschluss stammt. Man sollte genau auf den Ruf der Hochschule innerhalb des Landes aber auch darüberhinaus achten. Deswegen kommen in Deutschland – aus meiner Sicht – nicht viele MBA-Programme in Frage. Es gibt in Deutschland sicher mehr als 250 Programme, die einen MBA oder eine ähnliche Weiterbildung anbieten. Davon haben jedoch 95% kein Renommee. Es geht darum, den MBA-Titel umzusetzen in verbesserte Karrieremöglichkeiten. Darauf muss ein Bewerber sowohl national als auch international achten. Der zweite Punkt von herausragender Wichtigkeit ist das Alumni-Netzwerk der jeweiligen Hochschule. Hier kann man sich während seiner universitären Bewerbungsphase bereits mit Alumni austauschen, um einen besseren Einblick zu gewinnen. Neben den Inhalten und den Karrieremöglichkeiten ist das Netzwerk für mich von entscheidender Bedeutung. Eine weitere Frage, die man sich als Interessierter stellen sollte: Welche ausländischen Partner hat denn die Universität? Diese Partner ermöglichen nicht nur während des Studiums einen Ortswechsel, sondern öffnen auch Türen in andere Karrierenetzwerke.

Welche Universitäten haben denn – Ihrer Meinung nach – das größte Renommee in Deutschland?

Die Handelshochschule Leipzig, die Mannheim Business School, die WHU, die Goethe Business School und mit einigen Abstrichen die GISMA in Hannover. Die anderen Programme müssen nicht unbedingt in den Auswahlprozess gelangen.

Ist der Abschluss MBA konjunkturellen Schwankungen unterworfen?

Natürlich muss man in Zeiten der Rezession mit einem größeren Konkurrenzdruck leben. Aber andererseits dauert eine Krise nicht ewig. Nach meinem Eindruck ist die Krise schon in vielen Bereichen bereits wieder am abklingen. Das zeigen auch die Jobangebote unserer Absolventen. Sobald eine Krise gemeistert ist, steigt die Nachfrage nach jungen, qualifizierten Mitarbeitern und dies sind MBA-Absolventen zweifelsohne. Meine Erfahrung zeigt, dass eine Krise sich zeitlich so auswirkt, dass der Absolvent etwa ein halbes Jahr nach einem Job suchen muss.

Welche Fähigkeiten sollte ein Bewerber mitbringen gerade in Hinblick auf die größer werdende Konkurrenz an den Business Schools?

Ganz wichtig ist ein relevantes Profil. Wir suchen Studenten, die Berufserfahrung mitbringen. Wir wollen, dass sich unsere Studenten austauschen und in den Unterricht miteinbringen. Deswegen kommen für uns nur Bewerber mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung in Frage. Der von Ihnen angesprochene Konkurrenzdruck wird von uns dahingehend genutzt, die Qualität unseres Abschlusses zu erhöhen. So wird beispielsweise der GMAT-Score erhöht, es wird großer Wert auf die Persönlichkeit des Studenten gelegt. Wir fragen auch, welchen Beitrag ein potenzieller HHL-Absolvent für unsere HHL-Community zu leisten vermag.

Wird nicht auch besonderer Wert auf die Internationalität des Jahrgangs gelegt? Könnte ein Chilene z. B. einfach durchrutschen?

Im Einzelfall können wir auch Ausnahmen machen. Aber auch Chilenen oder Bewerber anderer Nationen müssen zunächst die Grundvoraussetzungen erfüllen.

Der Druck der Öffentlichkeit ist groß: Von geldgierigen Absolventen, praxisfernen Lehrplänen und fehlender Ethik wird gesprochen.

Das ist eher auf die amerikanischen Business Schools gemünzt. Blickt man auf die Lehrpläne deutscher Business Schools, trifft dies nicht zu. Ethik und Nachhaltigkeitsfragen sind schon lange Themen der MBA-Programme . Unsere Programme sind wesentlich breiter aufgestellt. Wir haben zudem einen etwas anderen Lehransatz. Die Kritik richtet sich an die Schulen, die ihre Absolventen in die Finanzdienstleistungsbranche geschickt haben und das sind die amerikanischen Hochschulen. Der Name MBA steht in der Kritik und damit rücken sämtliche Universitäten in das Rampenlicht. Ich fühle mich jedoch nicht davon in besonderem Maße angesprochen. Wir können auf unserer Vergangenheit aufbauen, müssen diese Vergangenheit aber stärker nach außen kommunizieren, um aus der Schusslinie der Kritik zu kommen.

Wie wird sich der MBA-Markt entwickeln? Gibt es Trends, die man jetzt bereits absehen kann?

Der MBA-Markt wird auf jeden Fall wachsen. Ich glaube, dass sich im Zuge des Bologna-Prozesses einiges verändern wird. Die Mannheim Business School glaubt, dass der MBA sich als deutscher Standardabschluss etablieren wird. So weit würde ich nicht gehen, aber er wird immens an Bedeutung gewinnen. Es wird mehr Bachelor-Absolventen geben, die nach ihrem Studium in den Arbeitsmarkt eintreten und nach zwei bis fünf Jahren zurückkehren, um einen MBA-Abschluss abzulegen. Das muss nicht zwangsläufig ein Fulltime-MBA sein: Part-Time oder Executive-MBA kommen hierbei genauso in Frage. Hierbei wird sich eine Gruppe von Universitäten herauskristallisieren, die zu den Premium-Anbietern gehören werden und letztlich auch das Potenzial haben, in eine Klasse aufzurücken, in der einige französische, holländische und spanische Hochschulen zum jetzigen Zeitpunkt schon sind. Dadurch wird der Abschluss in Deutschland noch internationaler werden.

Wo würden Sie denn einen HHL-Absolvent unterbringen wollen? Gibt es ein typisches Profil?

Die Positionen sind sehr vielfältig. Es gibt Studenten, die ihr eigenes Unternehmen gründen – das sind etwa 10% eines Jahrgangs. Ansonsten sind unsere Absolventen sehr stark in der Industrie vertreten. Die Palette reicht von Siemens über Johnson & Johnson – also von der Investitionsgüterindustrie bis zur Konsumgüterindustrie. Hier gibt es keine besondere Festlegung oder Entwicklung in eine bestimmte Branche.

Wo wird sich denn die HHL in diesem Markt positionieren?

Wir gehören an der HHL zu den Premium-Anbietern mit einem Vollzeit und einem Teilzeit-MBA-Programm. In Zukunft wird eventuell ein Executive-MBA angeboten werden. Wir bilden Top-Bewerber aus, die später Führungsaufgaben in der Industrie aber auch als Selbstständige wahrnehmen. Wir bedienen auch die Beratungs– und Finanzdienstleistungsbranche.

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Maria Kersting, Senior Consultant bei BearingPoint, arbeitet im Bereich Government & Public Sector in Berlin. Sie ist seit Anfang letzten Jahres Mitglied des Kernteams des BearingPoint-internen Netzwerks Proud@BearingPoint in Deutschland.

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